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Exklusivinterview mit Viktoria-Legende Bubu Knecht

„Gegen Köln haben wir alle leidenschaftlich gekämpft und 110 Prozent gegeben“: Er ist der „Bomber vom Schönbusch“. Denn der 1960 geborene „Bubu“ Hans-Peter Knecht hat nicht nur als Libero und im Mittelfeld Bälle verteilt, Bubu hat auch kräftig eingelocht und rund 200 Tore für die Viktoria geschossen. Mit Bubu stieg die Viktoria in den 80er Jahren in die 2. Fußball-Bundesliga auf. Und mit Bubu als Libero hat die Viktoria 1987 im DFB-Pokal den damaligen Spitzenreiter der 1. Bundesliga, den 1. FC Köln, am Schönbusch 1:0 geschlagen. Legendär sind die „Bubu, Bubu“-Rufe des ganzen Stadions, wenn die Viktoria einen Freistoß in Strafraumnähe bekam. Und Bubu hat rund 3 von 5 Freistößen reingemacht. Wir haben die Viktoria-Legende Bubu Knecht in einem Lokal an der Kleinen Schönbuschallee zum Interview getroffen. Und Bubu hat uns Vieles erzählt.

Bubu, was war am 24. Oktober 1987?

Da haben wir mit der Viktoria im DFB-Pokal den damaligen Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga, den 1. FC Köln, geschlagen.

Welche Erinnerungen hast Du an diesen Pokalfight, bei dem der mit 12.500 Zuschauern ausverkaufte Schönbusch bebte?

Nur gute, weil wir ein Stück Geschichte für die Viktoria geschrieben haben. Die Kölner waren in der Bundesliga etliche Spiele ungeschlagen, kamen mit einer hervorragenden Bilanz und spielten mit Stars wie Littbarski, Häßler, Illgner, Kohler, Allofs, Poulsen oder Engels.

Warum hast Du Libero gespielt?

Ich habe ja immer im Mittelfeld oder Libero gespielt. Gegen Bundesliga-Mannschaften wirst Du als schussstarker Spieler im Mittelfeld eng gedeckt, die lassen Dich nicht zur Entfaltung kommen. Als Libero ist das nicht immer der Fall. Das Konzept war, dass ich als Libero nach der Anfangsphase mit nach vorne gehe und Ingo Aulbach dann nach hinten absichert. Das hat auch gut geklappt.

Du hast den Freistoß zum Kopfballtor von Uwe Höfer geschossen? Wie hast Du den geschlagen? War das ein Standard?

Ja, klar. Ich hatte mit Uwe Höfer schon bei Offenbach zusammengespielt und Uwe wusste genau wie meine Bälle kommen und dass ich den Ball auf den zweiten Pfosten schlage. Uwe hat also kurz angetäuscht, dass er nach vorne läuft, um Kohler abzuschütteln, und kam dann frei zum Kopfball.

Noch einmal: Wie habt ihr es damals geschafft den Bundesliga-Spitzenreiter mit all den Stars zu schlagen und Udo Lattek den blauen Pulli auszuziehen?

In diesem Spiel haben wir alle leidenschaftlich gekämpft, jeder hat mindestens 110 Prozent gegeben. Unser Ziel war, so lange wie möglich ein 0:0 zu halten. Die Kölner haben uns unterschätzt und gedacht, sie machen schon irgendwann ihr Tor. Unsere Verteidiger haben den Kölner Stürmern keinen Platz gelassen. Und Klaus Reitmaier im Tor hat sensationell gehalten. Dann hat das 1:0 in der 83. Minute noch zusätzliche Kräfte bei uns frei gesetzt. Das Tor fiel zum bestmöglichen Zeitpunkt. Hätten wir eher das 1:0 geschossen, wären die Kölner wahrscheinlich eher aufgewacht und hätten vielleicht noch den Ausgleich erzielt.

Und wie hat Udo Lattek reagiert?

Er trug ja damals seinen berühmten blauen Pulli so lange Köln nicht verlor. Bis er eben nach Aschaffenburg zur Viktoria kam. Ich habe Udo später bei vielen Golfturnieren getroffen. Auf das Pokalspiel gegen die Viktoria wollte er nicht mehr angesprochen werden.


Bubu Knecht (Mitte) im Nationaltrikot

War der Sieg gegen Köln Dein größter Erfolg, oder gibt es andere die noch wichtiger für Dich sind?

Den Sieg gegen Köln würde ich auf eine Stufe stellen mit den beiden erfolgreichen Aufstiegsrunden mit der Viktoria in die 2. Bundesliga und den beiden Relegationen mit Kickers Offenbach um den Aufstieg in die 1. Bundesliga.

In Offenbach hast Du damals mit Rudi Völler gespielt ...

... ja, und auch mit Uwe Bein. Leider sind wir mit Offenbach 1981 in der Relegation zur 1. Bundesliga knapp an Eintracht Braunschweig und im Jahr darauf an Bayer Leverkusen gescheitert. Mit Rudi Völler habe ich auch U21-Nationalmannschaft gespielt. Bei der U21 habe ich drei Lehrgänge und zwei Freundschaftsspiele gemacht.

Warum wirst Du eigentlich Bubu gerufen? Du heißt doch Hans-Peter?

So ab der A-Jugend haben mich urplötzlich alle Bubu gerufen und ich hatte und habe keine Probleme damit. Es gibt verschiedene Varianten, woher der Name kommt, aber keine ist so richtig nachvollziehbar. Inzwischen kennen mich viele Leute nur als Bubu und wissen gar nicht, dass ich eigentlich Hans-Peter heiße.

Wie bist Du zum Fußball gekommen. Du kommst aus Großostheim und stammst aus einer Fußballer-Familie?

Ja, genau. Mein Vater hat Ende der 50er Jahre bereits bei der Viktoria gespielt, damals in der Oberliga Süd, der zu dieser Zeit höchsten deutschen Spielklasse.

Wo hast Du angefangen zu spielen? Wann kamst Du zur Viktoria Jugend?

Als Fußballer begonnen habe ich mit 5 Jahren beim VfR Großostheim. Nach der Jugend bin ich mit 14 Jahren zur Viktoria gewechselt. Im zweiten Jahr B-Jugend habe ich – wie auch Peter Löhr und Dieter Allig – schon bei der A-Jugend gespielt. Zudem habe ich als B-Jugendlicher auch Bayernauswahl gespielt. Peter Löhr, Dieter Allig und ich haben dann zusammen auch 1983 mit der Hessenauswahl in China gespielt und dort Deutschland vertreten. So trugen wir auch das Nationaltrikot. Diese Chinareise war ein einmaliges Erlebnis.


OFC mit Bubu Knecht und Rudi Völler

Woher hast Du diesen wahnsinnigen „Bums“, diese tolle Schusskraft, so dass Du viele Freistöße und Elfmeter eingelocht hast?

Meine Trefferquote bei Freistößen liegt etwa bei 3 von 5. Ich habe eine gute Schusstechnik und auch die passenden Hebelverhältnisse. Schießen und treffen, das konnte ich eigentlich schon immer. Rudi Völler hat, als er Nationaltrainer war, einmal zu mir gesagt, wenn es einen Schusstrainer beim DFB geben würde, dann würde er mich sofort engagieren. Da habe ich zu ihm gesagt, dann mach doch Rudi, Du kannst ihn doch installieren.

Hast Du oft Freistoß geübt?

Wir waren ja früher Straßenfußballer und als Kind und Jugendlicher habe ich auch zuhause im Gang geübt. Natürlich habe ich auch später im Training Freistöße geübt, aber ich konnte eben den Ball schon immer mit Wucht dahin schießen, wo ich ihn haben will.

Wenn die Viktoria früher einen Freistoß bekommen hat, hat das ganze Stadion „Bubu, Bubu“ gerufen. Du hast dann die Dinger rein gemacht. Haben Dich die Bubu-Rufe gefreut oder hast Du das als Belastung empfunden?

Nicht nur bei der Viktoria, auch in Offenbach hat das ganze Stadion Bubu gerufen. Ich habe das nie als Belastung empfunden, sondern als Ansporn, das Ding reinzumachen. Besonders wichtig war mir stets, mit meiner Mannschaft erfolgreich zu sein.

Du warst ja mehrfach Torschützenkönig wie in der Saison 83/84 mit 34 sowie 84/85 mit 36 Treffern. Wie viele Tore hast Du eigentlich insgesamt für die Viktoria geschossen?

Ich habe wohl mit Abstand die meisten Tore für die Viktoria geschossen. Insgesamt dürften es als Aktiver so 180 bis 200 Tore gewesen sein.

Warum hast Du mit Deiner Trefferquote nicht 1. Bundesliga gespielt?

Ich hatte Angebote von Glattbach, dem HSV und Mannheim (unter Schlappi) und hätte dort 1. Liga spielen können. Aber ich bin zum einen regional verwurzelt und habe immer gerne für die Viktoria gespielt, und das ja auch in der 2. Bundesliga. Zum anderen hatte ich mir damals mit meiner Versicherungsagentur bereits eine Existenz für die Zeit nach dem Fußball aufgebaut. Insofern wäre ich höchstens für einen lukrativen Vertrag mit langer Laufzeit in die 1. Bundesliga gewechselt. Es besteht ja immer auch das Risiko, dass durch eine größere Verletzung die Karriere als Fußballer von heute auf morgen zu Ende ist.

1985 seid ihr mit Viktoria in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Ihr habt dann inklusive Ab- und Wiederaufstieg 3 Jahre 2. Bundesliga gespielt. Warum seid ihr damals so erfolgreich gewesen?

Wir hatten eine gute, gewachsene Mannschaft und die Mannschaft hat nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb funktioniert. Wir sind oft zusammen weggegangen, auch mit unseren Frauen. Viele Spieler kamen aus der Region. Wir waren ein Team, jeder hat gewusst wie der andere läuft und jeder hat sich für den anderen mit eingesetzt.

Hattet ihr einen besonderen Siegeswillen?

Ja, wir wollten gewinnen. In der Hessenliga, der damals dritthöchsten Spielklasse, haben wir in einer Saison kein Spiel verloren.

Welcher Trainer war am besten?

Die Trainer waren natürlich unterschiedlich, jeder hatte seine eigene Art. Zu Kurt Geinzer, der mit mir zunächst auch aktiv spielte, hatte ich immer ein gutes Verhältnis. Horst Heese war menschlich angenehm. Hingegen war Lothar Buchmann zwar ein ausgesprochener Fußball-Fachmann, menschlich mitunter aber etwas schwierig.

1989 habt ihr klar gestellt, was damals die beste Mannschaft mit den Farben blau und weiß war und Schalke 04 geschlagen. Wie habt ihr das geschafft?

Wir hatten eine gute Mannschaft und Schalke war ein großer Name. Da haben wir uns besonders angestrengt und gegen Schalke am Schönbusch 2:0 gewonnen.

Auch die Hertha aus Berlin wurde besiegt. Warum ist es Deiner Meinung nach der Viktoria 1989 nicht gelungen, in der 2. Bundesliga zu bleiben?

In der Abstiegssaison hat uns natürlich auch das Glück gefehlt. Hinzu kam Verletzungspech. Aber man hat in dieser Saison meiner Meinung nach auch die falschen Spieler geholt, zu viele Spieler, die bei anderen Vereinen zuvor auf der Bank gesessen haben. Aber es gab damals auch noch das Transfersystem und Leute von der Bank waren wohl günstiger.

Vor wenigen Wochen hat es die Viktoria in der Relegation leider nicht geschafft, in der Regionalliga Bayern zu bleiben. Du warst natürlich auch dort. Woran hat es Deiner Meinung nach gelegen?

Die Viktoria ist an zwei Oberligamannschaften gescheitert, die gewinnen und aufsteigen wollten. Diese hatten den größeren Siegeswillen, das hat man bereits am Auftreten gesehen. Die Viktoria hat insbesondere im zweiten Heimspiel zu wenig Engagement, vor allem in der 1. Halbzeit, gezeigt. Vielleicht war auch der ein oder andere Spieler in Gedanken bereits bei seinem neuen Verein.


Bubu und seine Rosi

Gibt es eine Chance für die Viktoria, wieder einmal an die Erfolge der 80er Jahren anzuknüpfen. Was müsste passieren?

Zum einen gilt es, gute Spieler, die aus dem Jugendbereich kommen, an die 1. Mannschaft heranzuführen. Insgesamt sollte man vor allem auf Spieler aus der Region setzen. Dabei muss man meiner Meinung nach ein umfassendes regionales Scouting aufbauen. Die besten Spieler aus der Region müssen gesichtet und zur Viktoria geholt werden.

Spielst Du heute noch Fußball? Machst Du noch viele Freistöße rein?

Ich spiele noch bei der OFC-Traditionsmannschaft, den Waldis, sowie bei den Alten Herren der Viktoria. Aufgrund meiner Hüftoperation vor eineinhalb Jahren musste ich aber eine Zeit lang aussetzen. Freistöße mache ich natürlich immer noch rein, wenn es die Hüfte zulässt.

Lieber Bubu, vielen Dank für das interessante Gespräch. (Interview: wrü)
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