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Diabetes: Interview mit Dr. Constantin Sommer

Interview mit Dr. Constantin Sommer, Internist und Diabetologe in Aschaffenburg: „Durch gesunde Ernährung und viel Bewegung kann man Diabetes Typ 2 verzögern“

Dr. med. Constantin Sommer (48) ist hausärztlicher Internist und Diabetologe. Seit 2004 betreibt er seine Schwerpunktpraxis in Aschaffenburg. Seit 2008 arbeitet er zusammen mit seinem Kollegen Dr. Alexander Milnik. Die Praxis in der Frohsinnstraße wurde als Diabetologikum mit diabetesspezifischem Qualitätsmanagement zertifiziert und erfüllt die höchsten Qualitätsanforderungen an eine diabetologische Schwerpunkteinrichtung.


Dr. Milnik und Dr. Sommer

Was sind die Warnzeichen für Diabetes bzw. wie kann man die Krankheit schon in einem frühen Stadium erkennen?

Wir unterscheiden vier Arten von Diabetes, das ist erstens Schwangerschaftsdiabetes, zweitens spezielle Diabetesformen, die durch andere Krankheiten, beispielsweise durch Bauchspeicheldrüsenkrebs ausgelöst werden und die häufigsten Formen, Diabetes Typ 1 und Typ 2. Beim Typ 1 Diabetes weisen folgende klinischen Zeichen auf die Erkrankung hin: vermehrter Durst, häufiges Wasserlassen, Müdigkeit und Gewichtsabnahme. Der Typ 1 Diabetes ist aber eher selten. In Deutschland gibt es ca. 300.000 Erkrankte. Der Typ 2, früher auch Altersdiabetes genannt, verläuft meistens schleichend über viele Jahre und wird irgendwann durch Zufall vom Hausarzt entdeckt. Es gibt keine deutlichen Warnzeichen wie bei Typ 1. Der Typ 2 Diabetes ist zu 50% genetisch begründet zu 50% wird er durch Bewegungsmangel und falsche Ernährungsgewohnheiten ausgelöst. Ein weiterer Risikofaktor für den Ausbruch dieser Krankheit ist das metabolische Syndrom. Man kann also, wenn man weiß, dass man die genetische Veranlagung hat, den Ausbruch der Krankheit durch gesunde Lebensführung hinausschieben. Die dem Diabetes Typ 2 zugrundeliegende Erkrankung ist die Insulinresistenz. Vereinfacht gesagt reagieren dabei die Körperzellen nur sehr eingeschränkt auf das Hormon Insulin, so dass die Zellen zu wenig Zucker aufnehmen. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel und es entsteht der Diabetes Typ 2.

Kann man der Erkrankung vorbeugen?

Der Typ 1 Diabetes ist ein Schicksalsschlag, man kann dagegen nicht vorbeugen. Bei Typ 2 spielt die genetische Komponente eine große Rolle, die kann man natürlich nicht verändern. Wenn aber eine erbliche Veranlagung bekannt ist, sollte man sich beim Hausarzt regelmäßig den Blutzucker messen lassen, sich viel bewegen, versuchen, nicht zuzunehmen und sich gesund ernähren. Damit kann man den Ausbruch der Erkrankung verzögern.

Gibt es in naher Zukunft Heilungschancen für Diabetes?

Für den Typ 1 Diabetes gar nicht. Die genetische Veranlagung beim Typ 2 geht natürlich nicht weg, man kann der Erkrankung zwar mit den oben genannten Maßnahmen entgegenwirken, eine vollständige Heilung ist aber auch bei diesem Diabetestyp nicht möglich.

Was passiert bei einer Diabetikerschulung? Gibt es diese auch in Ihrer Praxis?

Ja, die gibt es auch in unserer Praxis. Sie ist eine der wichtigsten Säulen der Diabetes- Therapie. Diese sind neben der Schulung natürlich die Medikamente und Insulin, aber auch die Ernährung und Bewegung. Die Diabetesschulung ist ein sehr wichtiger Teil einer erfolgreichen Diabetesbehandlung. Die Schulung soll Informationen über den täglichen Umgang mit der chronischen Krankheit Diabetes vermitteln. Sie besteht aus Ernährungsberatung, Sporteinheiten, Gruppengesprächen und vielen Informationen zu den Therapiearten, Fragen wie man Folgeschäden vermeiden kann und wie man auf gefährliche Bedrohungen wie Unter oder Überzucker reagieren soll.

Auf was müssen Diabetiker besonders achten?

Sie sollten ihre regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Am besten sie gehen vierteljährlich zu Ihrem Hausarzt oder Diabetologen und lassen dort ihre Werte kontrollieren. Außerdem sind eine regelmäßige Kontrolluntersuchung beim Augenarzt sehr wichtig sowie die Untersuchung der Nierenfunktion. Die Teilnahme an einem Disease-Management-Programm (DMP) ist sinnvoll. Das sind spezielle Betreuungsprogramme der Krankenkasse in Zusammenarbeit mit den Ärzten für Patienten mit chronischen Erkrankungen.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Entstehung von Diabetes ? Spielt Stress und Leistungsdruck auch eine Rolle?

Den Einfluss der Ernährung habe ich bereits erwähnt. Stresshormone sorgen dafür, dass bei Patienten mit vorbestehender Insulinresistenz der Blutzucker nach oben geht und dadurch der Diabetes erst dedektiert wird.

Wie wird die Zuckerkrankheit behandelt?

Beim Typ 1 Diabetes stellt die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr her. Insulin muss von außen in Form von Spritzen zugeführt werden. Typ 2 wird therapiert mit der richtigen Ernährung, moderater Bewegung – das muss kein Marathon sein, schon dreimal 30 Minuten pro Woche reichen aus – und verschiedenen Tabletten zur Einstellung. Bringen die Tabletten keinen Erfolg, wird man den Typ 2 Diabetes auch mit Spritzen behandeln.

Mit welchen Folgeschäden muss man als Diabetiker rechnen und wie kann man ihnen vorbeugen?

Das Problem beim Typ 2 Diabetes ist, dass oft schon vor Entdeckung der Krankheit Folgeschäden entstanden sind, da die „Erkrankung“ Insulinresistenz schon Jahre vor der Diagnosestellung besteht. Die Hauptproblematik ist dabei die Gefäßverkalkung, Nervenschädigung, Augenschädigung sowie Nierenschäden. Der Typ 1 Diabetes entsteht innerhalb von Monaten. Es entstehen in etwa die gleichen Folgeschäden wie bei Typ 2, aber erst ab der Diagnosestellung. Wenn man sich an die Therapievorschriften hält, kann man bei diesem Diabetestyp Folgeschäden komplett vermeiden.

Welche Ratschläge geben Sie unseren Lesern und auch den betroffenen Diabetikern?

Ich empfehle auf jeden Fall an Diabetesschulungen teilzunehmen und die Erkrankung ernst zu nehmen, auch wenn noch keine typischen Symptome auftreten. Wichtig ist auch der regelmäßige Check beim Hausarzt. Abschließend kann man noch sagen, dass Diabetes Typ 2 auch eine soziale Erkrankung ist, die viel mit Einkommen und Bildung zu tun hat. Viele Menschen haben einfach keinen Bezug zu gesunder Ernährung oder zu Ihrem Körper, dabei ist es nicht teurer sich regional und saisonal zu ernähren. Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung gehören einfach zu einem gesunden Leben dazu.

Vielen Dank, Herr Dr. Sommer für das sehr interessante Interview. (Interview: Christiane Schmidt-Rüppel)
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