

Interview mit Irmes Eberth: „Unser Dialekt kommt direkt aus der Seele“
Die Mundartdichterin Irmes Eberth ist in Aschaffenburg eine Institution. Die ehemalige Musiklehrerin am Dalberg-Gymnasium hat sieben lesenswerte Bücher geschrieben. Seit vielen Jahren dichtet sie im Main-Echo in Reimform die wöchentliche Mundart-Kolumne Meiers Kätt. Für ihre Gedichte, Lieder und Werke wurde die 1926 in Aschaffenburg geborene Dichterin unter anderem mit der ersten Bürgermedaille der Stadt Aschaffenburg, mit dem Frankenwürfel, der von den drei fränkischen Regierungspräsidenten verliehen wird, und dem Kulturpreis des Bezirks Unterfranken ausgezeichnet. Wir haben uns mit Irmes Eberth in ihrem schönen Haus in Aschaffenburg zum Gespräch getroffen.

„Wie is e Mundard doch so kräfdich,
so ganz nadierlich korz un defdich!
Da wird kään Schmu drumrum gemachd
Un wie´s gemäänd so wird´s gesachd.
Die Sprach `is Lewe un Bewechung
Un Ausdruck uns`rer Herzensrechung
Un nur de Simbel bild`sich oi,
daß Mundard bloß fer Dumme soi“
Frau Eberth, Sie sind eigentlich Lehrerin, wie kamen Sie dazu, Gedichte zu schreiben?
Ich bin erst spät zum Schreiben gekommen, so mit 55 Jahren. Mundart ist eine unverfälschte Sprache, denn sie hat eine besondere Kraft und wird überall gepflegt. Unser Dialekt ist es wert, als Kulturgut erhalten zu werden. Irgendwann hat sich das dann in mir verfestigt, und ich habe mein erstes Buch gewagt. Daraufhin war ich freie Mitarbeiterin beim Bayerischen Rundfunk, beim Main-Echo und bei etlichen anderen Zeitungen. Ich habe viele Vorträge und Lesungen gehalten und 1994/95 angefangen, die „Meiers Kätt“ zu schreiben.
Wie kamen Sie auf die Figur der Meiers Kätt?
Früher hat Herr Trageser die „Bawett“ fürs Main-Echo geschrieben. Die damalige Redaktionsleiterin, Frau Christel Meyer-Sand, hat bei mir angefragt, ob ich die Kolumne übernehme. Ich habe dann überlegt, welcher Name hier in der Region alltäglich ist, und kam auf die „Meiers Kätt“. Die Figur ist, genau wie die anderen in der Kolumne, der Kurt, das Gretche und das Finche frei erfunden.
Wie kommen Sie auf Ihre Ideen?
Ich nehme meine Ideen aus dem Alltag, der Politik, Regionales, kurzum alles, was mich angenehm oder unangenehm berührt und was heut‘ so an dummem Zeug fabriziert wird. Es ist nicht immer leicht, Themen zu finden, die aktuell sind und die die Menschen erheitern. Wenn ich Ideen habe, geht mir das Schreiben leicht von der Hand. Ich hab‘ noch viel Unveröffentlichtes im Schrank, das wahrscheinlich aber nie ans Tageslicht kommen wird. Ein wichtiger Grund zu schreiben ist es für mich, festzuhalten, was sonst in Vergessenheit gerät und erhalten bleiben sollte.
Warum dichten Sie in Mundart?
Ich könnte wohl auch in Hochdeutsch schreiben, aber ich denke, man kann in Mundart viel mehr Seelenzustände ausdrücken. Sie ist geradeaus, kommt direkt aus der Seele. Der Aschaffenburger Dialekt ist eigentlich zergliedert. In Schweinheim spricht man etwas anders als in Damm oder in der Stadtmitte. Hier redet man ähnlich wie der Goethe gesprochen hat, in einer Mischung aus Hochdeutsch und Dialekt. In meinen Büchern „Wie´s halt so is“ und in „Allein bin ich nichts“ kann man eine Abhandlung darüber lesen.
Von der Sprache her sind wir keine Bayern und keine Franken. Wie sehen Sie das?
Wir waren Kurmainzer und kamen 1814 zu Bayern. Eigentlich sind wir eine Mischung aus allem, viel kurmainzisch, ein bisschen fränkisch, ein bisschen hessisch und etwas bayrisch .Wir sind keine echten Bayern und auch keine echten Franken. Wir hier in Ascheberch sind nach allen Seiten hin offen.
Sie dichten aber auch in Hochdeutsch?
In letzter Zeit schreibe ich Geschichten und Erzählungen in Hochdeutsch. Für die Familie habe ich eine Chronik erstellt, die bis zum 30jährigen Krieg zurückgeht, damit meine Kinder und Enkel wissen, wo sie herkommen. Ich schreibe auch Tagebücher über alles, was mich bewegt.
Finden Sie Lyrik kommt in unserer Zeit zu kurz?
Lyrik wird leider nur von einem verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung angenommen. Viele Menschen lesen überhaupt nichts mehr oder nur seichte Literatur. Ein großes Manko sehe ich auch darin, dass die Leute nicht mehr mit der Hand schreiben.
Warum dichten Sie über unsere Heimat?
Mir ist ganz wichtig, dass unsere Heimat auch über die Grenzen hinaus bekannt und nicht vergessen wird.
Wie wichtig ist für Sie Musik?
Die Musik war von Anfang an das Wichtigste in meinem Leben. Ich wollte immer nur Musik machen und bin vom Klavier überhaupt nicht mehr losgekommen. Sie war für mich Lebenselixier. Ich habe Klavier und Gesang studiert und mit großem Eifer betrieben. Außerdem habe ich selbst Lieder getextet und komponiert. Das Bayrische Fernsehen und die ARD haben mich unter dem Titel „Die Lieder der Irmes Eberth“ vorgestellt. Auch meine Kinder und Enkel sind der Musik verfallen.
Was ist das Besondere an den Aschaffenburgern?
Ganz genau definieren kann ich es nicht. Ich mag halt, dass die Leute an ihrer Heimatstadt hängen. Die Aschebercher sind ein freundliches Völkchen. Man trifft sich in den Lokalen, da wird gebabbelt über Vergangenes und Gegenwärtiges. Wir haben auch einen sehr guten Oberbürgermeister, ein wunderbarer Mann. Ganz wichtig ist auch, dass unsere Stadt viel an Tradition und Geschichte vorzuweisen hat. Schließlich ist sie über 1000 Jahre alt.
Welche Plätze und Straßen finden Sie in Aschaffenburg am Schönsten?
Mein liebster Platz ist der Platz vor dem Schloss. Dort weht der Atem der Geschichte.
Wie wichtig ist für Sie der Main?
Die ersten acht Jahre meines Lebens hat meine Familie oberhalb des Mains gewohnt. Daher habe ich wahrscheinlich meine große Affinität zu Wasser. Der Main fließt immer ruhig und gelassen. Ich liebe ihn sehr diesen wunderbaren Fluss. Aschaffenburg ist nicht zuletzt durch ihn eine lebenswerte Stadt.
Wie hat sich die Stadt in den letzten 50 Jahren entwickelt?
Aschaffenburg hat sich sehr zum Positiven entwickelt und zwar in vielerlei Hinsicht Die Stadt ist extrem bestrebt, kulturell etwas aus sich zu machen. Sie hat wirtschaftlich große Fortschritte gemacht und ist bemüht, auch Industrieanlagen ästhetisch zu gestalten.
War früher wirklich alles besser, gab es die gute alte Zeit?
Meine gute, alte Zeit war nicht immer gut, sie ist bloß alt. Ich hab‘ den fürchterlichen Krieg und die schwere Nachkriegszeit erlebt und den mühsamen Aufbau. Aber die Aschaffenburger haben angepackt und mit großem Fleiß, die Stadt zu dem gemacht, was sie heute ist. Allerdings war die damalige Zeit ohne den hektischen Verkehr und diese Unruhe und Rastlosigkeit wie sie jetzt üblich ist.
Sie sind jetzt weit über 80 Jahre alt Wie lange wollen Sie die Meiers Kätt noch schreiben? Wie lange wollen Sie noch künstlerisch aktiv sein?
Ich trete etwas langsamer und wenn´s zu mühsam wird, setzt sich die Meiers Kätt zur Ruhe. Noch ein Buch zu schreiben, wäre wahrscheinlich doch zu anstrengend.
Was wollen Sie unseren Lesern noch gerne mitgeben?
Ich fühle mich mit meiner Stadt sehr verbunden. Sie ist für mich Heimat und Hort.
Liebe Frau Eberth, vielen Dank für das interessante Gespräch. Interview: Christiane Schmidt-RüppelGepostet in:
