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J.K. Rowling: Ein plötzlicher Todesfall

Sie ist mittlerweile nicht nur die größte Bestseller-Autorin der letzten Jahre, sondern auch auf Grund der klugen Vermarktung ihrer Bücher auch eine der reichsten Frauen der Welt. Nun hat J.K. Rowling, die Autorin der Harry Potter Bücher, ein neues Buch veröffentlich. Es hat nichts mehr mit der magischen Welt um Harry, Lord Voldemort und Hogwarts zu tun. Ihrer eigenen Aussage nach, sei das Buch dieses Mal nur an Erwachsene gerichtet, da sie etwas komplett Neues ausprobieren wollte. „Ein plötzlicher Todesfall“ ist der Titel des Buchs, das im September 2012 in England erschienen ist.


J.K Rowling wendet sich in ihrem neusten Werk unbequemen Wahrheiten des Bürgertums zu, die so niemand sehen möchte. Ihr Erzählstil ist dabei roh und fällt teilweise mit der Anstößigkeit der Dialoge in die authentische Alltagssprachlichkeit. Allerdings kann das Buch den ehrlichen Tiefgang leider nicht immer halten und verliert an manchen Stellen den dafür nötigen Drive. Die gemischten Gefühle der Leser lassen sich auch an den zögernden Verkäufen des Buches ablesen.

Im Gegensatz zu dem Erfolg in Großbritannien, ist der Ansturm auf dieses Buch in Deutschland eher zurückhaltend, allerdings hält es sich zumindest seit Wochen konstant in den unteren Rängen aller Bestsellerlisten. Was hat es nun auf sich mit dem Neuanfang einer „der besten Erzählerinnen der Welt“? Die Story von „Ein plötzlicher Todesfall“ ist simpel aufgebaut, hat allerdings Potenzial zu sehr viel Tiefgang: Barry Fairbrother lebt als Lokaljournalist und einflussreicher Mann im Gemeinderat in der idyllischen Kleinstadt Pagford. Mit dem hübschen Marktplatz und der wunderschönen, alten Kirche ist das Städtchen ein perfekter Ort der Ruhe – dem friedlichen Idyll ist Aufregung absolut fremd. Als Barry Fairbrother allerdings plötzlich und absolut unerwartet mit Anfang 40 verstirbt, ist die Gemeinde geschockt.

Diese tragische Überraschung rüttelt die Gemeinde von Pagford aus ihrer idyllischen Verschlafenheit wach und schnell wird klar: So harmonisch wie es alle dachten, lief es im Gemeindeleben eigentlich gar nicht zu. „Hinter der malerischen Fassade liegt die Stadt im Krieg. Krieg zwischen arm und reich, zwischen Kindern und ihren Eltern, zwischen Frauen und ihren Ehemännern, zwischen Lehrern und Schülern. Und dass Barrys Sitz im Gemeinderat nun frei wird, schafft den Nährboden für den größten Krieg, den die Stadt je erlebt hat.“, erklärt die Autorin J.K. Rowling im Interview mit dem britischen „The Guardian“. Tiefgang hat das Buch, da es die unbeschönigte Leidenschaft im Wahlkampf und die hinterlistige Doppelzüngigkeit der Gemeinde aufdeckt. Es ist Kritik an der geheuchelten Prüderie des festgefahrenen Bürgertums. Es ist erstaunlich, wie geschickt J.K. Rowling in das auf der Oberfläche harmonisch aussehende Gemeindeleben schmutzigen Gelegenheitssex, Selbstverletzung, Vergewaltigung und Heroinabhängigkeit einbaut.

Genau diese schockierenden Momente machen die Story von „Ein plötzlicher Todesfall“ wirklich zu einem gelungenen Werk. Rowling zeigt in diesen Momenten der Story, dass sie wirklich zu den Besten ihres Fachs gehört: Wenn das festgefahrene Bürgertum sein wahres Gesicht zeigt; wenn man das Gefühl hat, dass die tiefsten menschlichen Niederungen und Abartigkeiten zum Vorschein kommen und niemanden verschonen. Rowling beschreibt ungesunde Familienverhältnisse sowie die Hilflosigkeit von Lehrern und Sozialarbeitern mit den Problemen ihrer Schutzbefohlenen: Es sind unbequemen Wahrheiten, die so niemand sehen möchte. Der Erzählstil ist dabei roh und fällt teilweise mit der Anstößigkeit der Dialoge in die authentische Alltagssprachlichkeit. Allerdings kann das Buch den ehrlichen Tiefgang leider nicht immer halten und verliert an manchen Stellen den dafür nötigen Drive. „Teilweise langweilig“, „schwer verdaulich“ und „kein wirkliches Lesevergnügen“, so viele Kritikerstimmen und Leserezensionen. Für jeden der die „Harry Potter“-Bücher gelesen und genossen hat, wird „Ein plötzlicher Todesfall“ eine überraschend gelungene Abwechslung darstellen.

Leser, die mit J.K. Rowling zum ersten Mal in Kontakt treten, sind gemischter Meinungen. Man wird das Gefühl nicht los, J.K. Rowling wollte einen Neuanfang wagen, der ihr an manchen Stellen mehr als gelungen ist. Es ist allerdings nicht zu ignorieren, dass Rowling stellenweise zu viel Vorsicht walten ließ. Doch komischerweise gerade dieser kritisierte, dauernde Wechsel zwischen langsamen, idyllischem Zusammenleben und den derben, menschlichen Abgründen macht das Werk sehr interessant. Eine Empfehlung für alle, die mal etwas Frisches und irgendwie Unvollendetes lesen wollen. (km)


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