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Interview mit ADFC-Vorsitzendem Manfred Röllinghoff

Der 72 jährige Manfred Röllinghoff ist in Bonn aufgewachsen und wohnt seit 1965 in Aschaffenburg. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder und vier Enkel. Röllinghoff ist seit mehr als zehn Jahren Vorsitzender des ADFC Aschaffenburg-Miltenberg. Er war lange Jahre Journalist und Redakteur im Main-Echo, zuletzt stellvertretender Chefredakteur. Seit 2008 ist er im Ruhestand.

Was ist die Aufgabe des ADFC Aschaffenburg–Miltenberg?

Unsere Aufgabe sehen wir vor allem im kommunalpolitischen Bereich. Zum Beispiel wirken wir neben anderen Organisationen und Behörden im Arbeitskreis Radverkehr mit, der die Radverkehrssituation in Aschaffenburg verbessern will und im Herbst seine Arbeit fortsetzen soll. Inzwischen werden wir von der Stadt und vom Landkreis zu Radverkehrsthemen gehört. Der ADFC ist bundesweit organisiert. Er hat rund 150.000 Mitglieder. Auf regionaler Ebene umfassen wir die Stadt und den Landkreis Aschaffenburg und den Landkreis Miltenberg. Hier in Aschaffenburg–Miltenberg haben wir 520 bis 530 Mitglieder. Die Anzahl variiert, da es immer auch Austritte und Neuzugänge gibt.

Sie sind also Interessenvertreter der Fahrradfahrer?

Ja, in jeder Beziehung, wenn man so will auch als Lobbyist.

Der ADFC veranstaltet zahlreiche Fahrradtouren. Kann hier jeder mitfahren?

Jeder kann bei den Touren ohne vorherige Anmeldung mitfahren. Tourenprogramme liegen an vielen Stellen öffentlich aus. Nichtmitglieder zahlen zwei Euro pro Fahrt. Die Angebote werden gut angenommen, man kann grob sagen, die Hälfte der Teilnehmer sind Mitglieder, die andere Nichtmitglieder. Manchmal bieten wir gleichzeitig zwei Touren an, wenn eine Tour zu schwierig ist. Am 20. September gibt es zum Beispiel eine Rennradtour durch den Odenwald an, alternativ dazu eine Tour durch den Kahlgrund zur Grube Wilhelmine. Eine Helmpflicht besteht nur bei den Rennradtouren.

Wie ist die Situation für Fahrradfahrer in Aschaffenburg? Was ist gut, was muss verbessert werden?

Beim Fahrradklimatest, den der ADFC mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchführt, wurde Aschaffenburg nur mit der Note 4 bewertet und kam bundesweit unter 100 vergleichbaren Städten auf Platz 73, in Bayern von acht Städten auf Platz 6. Negativ bewertet wurden unter anderem die vielen unkontrollierten Falschparker auf den Radwegen, das geringe Sicherheitsgefühl als Radfahrer in Aschaffenburg, die schlechte Wegweisung und die langen Ampelschaltungen für Fahrradfahrer. Positiv wurden die Öffnung von Einbahnstraßen für Fahrradfahrer entgegen der Fahrtrichtung, die zahlreichen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und die Öffnung der Fußgängerzone und des Schöntals für Radfahrer genannt. Die Nutzung der Fußgängerzone für Radler gilt jedoch nur als vorübergehende Lösung, solange noch keine sicheren Radfahrmöglichkeiten um die Innenstadt bestehen. Nach Öffnung der Bahnparallele wird sich die Frage erneut stellen. Allerdings hat sich die Regelung bewährt, es gibt so gut wie keine Konflikte zwischen Fahrradfahrern und Fußgängern. Positiv ist auch die kostenlose Mitnahme des Fahrrads in Stadtbussen nach 9 Uhr und wenn keine Kinderwägen oder Rollstuhlfahrer den Platz benötigen.

Gibt es in Aschaffenburg ausreichend Fahrradwege? Sind die Wege breit genug?

Reine Fahrradwege, die getrennt von der Fahrbahn verlaufen, gibt es nur wenige. Dafür ist in der Stadt auch kaum Platz. Radstreifen auf der Fahrbahn hat die Stadt in der oberen Würzburger Straße markiert. Sie dürfen von Autos nicht befahren werden. Schutzstreifen, auf die auch Autos in Ausnahmefällen ausweichen dürfen, sind vielfach in der Innenstadt markiert. Leider sind die vorhandenen Radverbindungen nicht miteinander verknüpft. Es fehlt ein durchdachtes Radwegenetz. Das sollte möglichst bald eingerichtet werden.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Stadt Aschaffenburg? Was würden Sie sich von der Stadt wünschen?

Die Zusammenarbeit ist im Großen und Ganzen gut. Die Stadt hat ein starkes Interesse an unserer Mitwirkung. Unser Wunsch wäre jedoch, dass Verbesserungsvorschläge schneller umgesetzt werden. Ein Radverkehrsbeauftragter, der nicht bei der Stadt angestellt ist und den Blick auf den Radverkehr in Stadt und Landkreis von außen hat, wäre wünschenswert. Dann könnten viele Vorschläge schneller umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang müssen aber auch IHK und Einzelhandelsverband mit ins Boot geholt werden, die die Wünsche der Radler noch sehr distanziert betrachten.

Wie sieht es im Landkreis aus? Wo gibt es hier Lücken im Radwegenetz?

Es gibt schon jetzt markierte Radwegeverbindungen im Landkreis. Das Landratsamt hat aber kürzlich einen Arbeitskreis gegründet mit dem Ziel, ein lückenloses Radwegenetz mit guten Wegmarkierungen über den gesamten Landkreis zu legen. Hier arbeiten wir neben anderen Organisationen und Behörden mit. Das Staatliche Bauamt plant unter anderem, den Radweg von Schimborn nach Feldkahl in den nächsten zwei bis drei Jahren mit großem baulichen Aufwand bis nach Hösbach fortzuführen.


Manfred Röllinghoff auf dem Fahrrad

Was sollte im Landkreis verbessert werden?

Radwegeverbindungen müssen ergänzt und Lücken geschlossen werden. Durch den Arbeitskreis Radverkehr wird das etwas forcierter angegangen. Wir hoffen auch, dass ein von uns vorgeschlagener Radschnellweg vom Aschafftal nach Aschaffenburg bald realisiert wird. Der Landkreis arbeitet intensiv an diesem Plan.

Wie beurteilen Sie den neuen Fahrradstadtplan für Aschaffenburg und Umgebung?

In der Legende sind verschiedene Dinge, die wichtige Hinweise geben. Das ist durchaus positiv. Positiv sind auch die aufgezeigten Radfahrmöglichkeiten zwischen der Stadt und den Umlandgemeinden. Durch den Maßstab 1:20.000 sind die Wege gut zu finden. Ob die Karte aber den Radfahrern in der Stadt Aschaffenburg weiterhilft, daran habe ich so meine Zweifel. Es wird kein Unterschied zwischen der Befahrbarkeit der Straßen gemacht. Fast alle sind als Fahrradroute rot markiert. Demnach wäre die Würzburger Straße genauso gut befahrbar wie zum Beispiel der Bessenbacher Weg. Die Karte des ADFC unterscheidet genauer zwischen den verschiedenen Radfahrmöglichkeiten.

Sie sind auch Mitveranstalter der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“. Was muss getan werden, damit Radfahren bei uns noch attraktiver für den Arbeitsweg wird?

Die vom ADFC in Zusammenarbeit mit der AOK initiierte Aktion macht viel Sinn. Dabei soll man in einem bestimmten Zeitraum an mindestens 20 Tagen mit dem Rad zur Arbeit fahren. Dahinter steht auch der Wunsch, dass möglichst viele Radler nach der Aktion das Rad weiterhin für die Fahrt zur Arbeit nutzen. Wichtig wäre, dass die Firmen dafür sichere Abstellflächen bieten, eventuell auch Duschmöglichkeiten. Schnelle und gute Radwegeverbindungen auf dem Weg zur Arbeit sind das A und O. Dazu gehört auch die Absenkung von Bordsteinen, dringend notwendig zum Beispiel auf dem Radweg an der Umgehung von Goldbach. Insgesamt gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf.

Bietet unsere Region gute Voraussetzungen für den Fahrradtourismus?

Ja, ich denke schon. Wir haben eine schöne, interessante Region. Der Kahltal-Spessart-Radweg ist zum Beispiel eine sehr schöne touristische Route, ebenso der Radweg entlang der Elsava auf der früheren Bahnstrecke. Und natürlich der überregional bekannte Mainradweg. Verbesserungswürdig ist bei uns noch der Fahrradverleih, der oft nachgefragt wird. Außerdem müsste es mehr Akku-Wechselstationen und Aufladestationen für E-Bikes geben. Die Homepage von Spessart-Mainland ist hier nicht auf dem neuesten Stand.

Fahrräder werden häufig gestohlen. Was hilft dagegen? Sollten Fahrräder codiert werden?

Wir sind dafür, Fahrräder zu codieren. Der von der Polizei entwickelte Code ist auf den Besitzer zugeschnitten. Er wird in den Rahmen gefräst. Man kann dann genau feststellen, wem das Fahrrad gehört. Die Codierung kostet bei uns 10 Euro. Wir bieten die Codierung regelmäßig zusammen mit einer Sicherheitsüberprüfung an.

Was wünschen Sie sich für die Radfahrer in unserer Region?

Ich wünsche mir sichere und komfortable Radwegverbindungen und dass dafür mehr Geld in die Hand genommen wird. Außerdem ein gutes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer und die gegenseitige Rücksichtnahme aller in dem Verkehrsraum, der uns zur Verfügung steht. Auch eine bessere wegweisende Beschilderung vor allem in der Stadt wäre wünschenswert. Im Landkreis wurde hier in der letzten Zeit sehr viel gemacht. Das ist auch in der Stadt dringend notwendig.

Lieber Herr Röllinghoff, vielen Dank für das informative und interessante Gespräch.
Interview / Fotos: Christiane Schmidt-Rüppel

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