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Eine Hommage an Aschaffenburgs Straßenmusik

In all dem charmanten Chaos und dem alltäglichen Stress pulsiert in Aschaffenburgs Straßen das Leben. Ob es die kleinen, versteckten Verkaufsläden, die großen, überfüllten Einkaufspassagen, die gemütlichen Cafés oder die pulsierende Fußgängerzone ist: Aschaffenburg lebt. So ist Aschaffenburg bestimmt nicht die schönste Stadt Bayerns, aber es hat definitiv Charakter und eine gewisse Atmosphäre. Einen kleinen, aber doch wichtigen Teil dieser Atmosphäre tragen Aschaffenburgs Straßenmusiker bei. Zwischen dem dazugehörenden Lärm ertönt immer wieder Musik. Es ist Musik, die uns ablenkt und uns durchhalten lässt. Musik, die uns auch manchmal auf die Nerven geht. Musik, die berührt und Musik, die manchmal untergeht.

Ein Aschaffenburger Urgestein der Straßenmusik ist der Mann mit der Mundharmonika aus der Herstallstraße. Auf der Ecke zur Entengasse sitzt der ältere Mann meist auf der Holzbank und spielt melancholische Lieder über das Leben, verflossene Liebschaften und die Liebe zu Gott. „Ihn kennt glaube ich jeder, oder? Ich finde es immer schön, dass er den kleinen Kindern, die ihm ein paar Cent in das Kästchen werfen, immer etwas Süßes oder ein Bonbon anbietet.“, so Jessica Zimmermann, mehrfache Mutter. Gerne unterhält sich der Rentner mit anderen Straßenmusikern ist dabei aber stets kritisch ob ihre Lieder eine Aussage haben: Seiner Meinung nach sollen Lieder ehrlich sein; es bringt nichts, wenn die Menschen die Lieder nicht verstehen und nichts daraus für ihr eigenes Leben mitnehmen.

Matthias Albers und Sebastian Laufner sind ein sympathisches Duo, welches an vielen verschiedenen Plätzen in Aschaffenburg spielt. Ihre Musik ist geprägt von Akustikgitarren und kräftigem Gesang. Viele Passanten bleiben oft stehen und sind überrascht von der Stimme des Sängers Matthias Albers. „Er singt wirklich richtig gut. Eigentlich schade, dass die beiden nur Straßenmusik machen.“, kommentiert ein Passant während beide gerade „Use Somebody“ der Band „Kings Of Leon“ interpretieren. Viele der Song, die das Duo auf der Straße spielt, sind bekannte Songs aus dem Radio, die allerdings immer etwas verändert wiedergegeben werden. „Wir improvisieren oft mit den Songs. Der Wiedererkennungswert der Melodie ist klar immer der gleiche, aber manchmal ist es cool den Song in einem anderen Gewand zu hören. Und es ist schön zu sehen, dass es den Menschen gefällt. Wenn so viele Menschen um einen rumstehen, nur weil man von einer Gitarre begleitet ein wenig rumsingt, ist das schon ein cooles Gefühl“, so Albers über sein Publikum. „Ein wenig rumsingt? Das ist kaum zu überhören, so laut wie du singst. Du schreist ja fast.“, lacht der Gitarrist Sebastian Laufner. Beide sind mitten in ihrer Ausbildung und machen Musik aus Leidenschaft. Auf die Frage wie sie zur Musik gekommen sind und ob sie es sich vorstellen könnten mit ihrem Talent mehr als nur Straßenmusik zu machen, antwortet Sebastian Laufner: „Ich habe schon immer Musik gemacht, seit ich die Gitarre meines Vaters entdeckt hab. Er hat mir ein oder zwei Sachen beigebracht und der Rest kam von alleine. Das aber auch nur irgendwie nebenbei. Ob das Talent ist? Keine Ahnung. Mir macht es auf jeden Fall Spaß, aber beruflich möchte ich in meinem Leben nichts mit Musik zu tun haben, ich glaube das wäre nichts für mich. Durch den Arbeitsdruck würde ich mir die Liebe zur Musik nur kaputt machen.“

Den jungen Frankfurter Studenten Karol Majewski sieht man meistens im Hochsommer in der Herstallstraße, Ecke Steingasse. Auf seiner Akustikgitarre spielt der 24-jährige spontane Musik: „Meistens improvisiere ich einfach. Alles was auf der Straße entsteht, jede Melodie, jedes Gitarrenstück ist individuell. Das macht das Musizieren auf der Straße für mich aus. Ich sitze einfach auf einer Bank, mache Musik ohne darüber nachzudenken. Und wenn es jemanden gefällt, darf er an der Musik teilhaben.“ Obwohl man hier nur eine Gitarre ohne Gesang hört, so scheint die Musik viele einen Moment durchatmen zu lassen, wie Majewski berichtet: „Letzten Sommer hat sich eine Frau, ich schätze in ihrer Mittagspause, auf eine Bank in meiner Nähe gesetzt. Sie zog ihre Schuhe aus, legte die Beine hoch, sonnte sich und trank Kaffee. Anfangs dachte ich, sie würde meine Musik gar nicht beachten, aber nach einer guten Viertelstunde stand sie auf, bedankte sich und warf mir einen 5-Euro-Schein in den Gitarrenkoffer. Das war unglaublich cool.“ Auch wenn Straßenmusik an vielen einfach vorbei geht, so sieht man, dass manche daraus im stressigen Alltag einen kleinen Ausweg mit ein wenig Entspannung sehen.

Was halten aber Aschaffenburgs Passanten von Straßenmusik? „Ich persönlich finde es toll. Es gehört irgendwie zu einer Stadt dazu“, kommentiert Tonay Torun, ein 40jähriger Verkäufer aus der Sandgasse, der laut eigener Aussage noch nie Probleme mit Straßenmusik vor seinem Geschäft hatte. Allerdings wird Straßenmusik oft kritisch gesehen: „Das ist alles doch nur aufdringlich, laut und einfach absolut nervig. An jeder Ecke steht irgendeiner, meint er beherrscht sein Instrument und zwar so gut, dass er es auch anderen sofort zeigen muss“, kritisiert Manfred Tröll hart. So ist Straßenmusik wohl generell als etwas geduldet, das „mittlerweile dazugehört“, nichtsdestotrotz kann je nach Auftreten der Musikanten das Ganze Freude oder Ärger verursachen. „Es kommt darauf an, wer Musik macht. Junge, talentierte Leute, die einfach mit ihren Freunden sich einen Spaß machen und schauen wollen ob sie ein paar Euro zusammenkriegen, sind vollkommen ok. Das ist sympathisch, lustig, macht gute Laune: Da werfe ich gerne auch was rein. Aber ich kann aufdringliche Straßenmusik nicht leiden: Man sitzt im Café und wird direkt von einem Akkordeon angespielt und ein zweiter Mann hält die Hand hin. Das ist nicht schön, das ist schon fast gebettelt.“, so Frauke Amrhein, Grundschullehrerin aus Aschaffenburg. „Ich liebe Straßenmusik. Ob es nur ein Musiker mit Gitarre ohne weitere Begleitung, ein paar Jugendliche mit allem möglichen was Klang macht oder eine ganze Rhythmus-Truppe mit Bongos und Cajons ist: Es ist immer toll und wer es nicht mag, der kann ja weitergehen.“, so die Paula Schwarz, eine junge Studentin aus Aschaffenburg.

In manchen Regionen, vor allem Großstädten wie Frankfurt gibt es eine starke Reglementierung über Zeit und Ort der Straßenmusik: Kostenpflichtige Genehmigungen sind vonnöten, die allerdings nur das Spielen von maximal einer halben Stunde an einem Standort erlauben. In bestimmten Zonen, wie z.B. der unmittelbaren Nähe von Denkmälern und Sehenswürdigkeiten ist es nicht erlaubt, in Einkaufspassagen und Fußgängerzonen gibt es jedoch keine Beschränkungen. In unserem Aschaffenburg besteht laut Ordnungsamt keine feste Regelung für Straßenmusik, außer der Bitte keine Verstärker, sowie elektronische Beschallungsgeräte zu benutzen. Man wird zudem freundlicherweise darauf hingewiesen, man möge Rücksicht auf Geschäftsbesitzer nehmen, die Straßenmusik vor ihrem Laden nicht gutheißen. Über größere Probleme mit Straßenmusikanten gibt es keine Angaben oder Berichte.

Natürlich kann Straßenmusik störend sein, vor allem wenn sie aufdringlich ist. Aber im Großen und Ganzen bereichert Straßenmusik das Stadtleben: Es prägt den Charakter der Fußgängerzone und es macht den Moment zu etwas Besonderem. So gehen Sie das nächste Mal doch mal einen Schritt langsamer und hören Sie Aschaffenburg zu: Vielleicht können Sie aus der Musik etwas für den Tag gewinnen, auch wenn es nur ein Lächeln ist. Und der eine oder andere Euro fällt Ihnen dabei bestimmt aus der Tasche. (km) // Foto: © Karol Majewski


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