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Freibad - die neue Sommerkomödie von Doris Dörries

In ihrer am 01.09.2022 in den Kinos anlaufenden Komödie FREIBAD beleuchtet die Regisseurin Doris Dörrie die Welt im Kleinen. Das kunterbunte multikulturell geprägte Miteinander stellt sie auf geniale Art und Weise mit einem Augenzwinkern dar. Dabei hält sie der Gesellschaft den Spiegel vor und regt damit zum Nachdenken an. Ist Toleranz in Deutschland lediglich eine Floskel oder leben die Deutschen diese tatsächlich im Alltag?

Zicken und zittern... zornige Diven im Freibad

Im Freiburger Freibad für Frauen dreht sich alles um die Freiheit. Hier genießen die Damen das Bad in der Sonne sowie im kühlen Nass oben ohne, und auch ohne gierige Blicke von männlichen Besuchern. Gleichzeitig zeigen die Frauen wenig Toleranz für Muslimas im Burkini, die womöglich auch noch ohne Erlaubnis grillen. Angesichts dieser „Weiberwirtschaft“ und typischem Gezicke tritt im Schwimmbad eines Tages ein männlicher Bademeister seinen Dienst an, was großes Aufsehen erregt. Wie um Gottes willen solle sich das nun mit der eigentlichen Maxime der Badeanstalt vertragen? Schließlich waren die Frauen hier bisher in einem geschützten Raum unter sich gewesen. Kein männlicher Badegast weit und breit hatte sie je angegafft oder anzügliche Bemerkungen geäußert.

Die Charaktere

Zwei Diven in den Wechseljahren (Andrea Sawatzki und Maria Happel) sorgen sich um die Vergänglichkeit ihrer Jugend und sehen sich von den arabischen Frauen bedroht. Eine junge Türkin trägt Burkini, was ihre eigene Familie verurteilt. Die queere Kim und die sportfanatische Badeleiterin kommen bei der Hitze gleichermaßen ins Schwitzen und so kochen auch die Emotionen bedenklich hoch. Die Kulturen prallen aufeinander, mit der Freibad-Idylle ist es bald vorbei.

Klischees provokativ dargestellt

Nach und nach lernen Zuschauende die Hauptcharaktere bzw. die Damen kennen, die sich im Freibad die Zeit vertreiben. Die queere Kim muss sich am Grill die Frage gefallen lassen, ob sie ihr Würstchen noch habe. Türkische Besucherinnen des Freibades spielen den Ruf des Muezzins vom Band ab. Die von Andrea Sawatzki dargestellte Figur springt provokativ barbusig direkt vor der Burkiniträgerin ins kalte Nass. Sketch an Sketch präsentiert die Regisseurin dem Publikum, wobei die Dynamik auf der Strecke bleibt. Was noch bedenklicher ist: die dargestellten Kulturen könnten sich beim Betrachten des Films durchaus verletzt fühlen. Ihre Figuren scheinen auch zunächst mit kaum erkennbarem Entwicklungspotenzial angelegt.

Eskalation gebannt-Notwendigkeit eines Richtungswechsels erkannt

Die sich anbahnende Eskalation erscheint dem Betrachter erst wenig glaubhaft. Recht unerwartet kommt es unter den Besucherinnen zu einer Schlägerei, sie reißen sich gegenseitig Bikinis und Kopftücher vom Leibe. An diesem Wendepunkt gelingt es Doris Dörrie, die Handlung in eine neue Richtung zu lenken. Das macht sie mit der Einführung eines neuen Charakters, genauer gesagt einem Mann.

Ein Mann betritt die Szene

Der neue Bademeister, perfekt besetzte Rolle durch Samuel Schneider, soll die Wogen glätten und die Gemüter der Damen beruhigen. Letztere jedoch diskutieren empört die Frage, wie denn ausgerechnet ein männlicher Bademeister in einem für Frauen auserkorenen Freibad eingestellt werden konnte? Und überhaupt: Ging das mit rechten Dingen zu?

Realistische Darstellung gesellschaftlicher Probleme

Dieser Zweifel ist gleichzeitig dramaturgisch gesehen ein weiterer Wendepunkt. Jetzt nämlich stellen sich die Frauen außerdem die Frage, was eigentlich vom Tragen des Burkini im Freibad zu halten sei. Damit bringt die Regisseurin Sprengstoff bzw. Konfliktanlässe ins Spiel. Es geht um die Diskriminierung von Musliminnen aufgrund ihrer Kleidung, geschützte Räume für Frauen, um die Sexualisierung eines Mannes, der auch noch eine Außenseiterrolle einnimmt. Um welche Freiheit geht es letztendlich?

Szenen außerhalb des zentralen Schauplatzes

Der Film zeigt nun realistische Szenen und die einzelnen stellvertretend für bestimmte Gruppen der Gesellschaft verkörpernde Charaktere entfalten sich jetzt in beeindruckender Art und Weise. Ab hier fängt die Kamera folgerichtig auch Schauplätze außerhalb des Freibads ein. Somit erhalten Betrachtende Einblicke in die Wohnungen bzw. Häuser der Figuren. Das geschützte Zuhause ist oft ein sehr deprimierender Ort.

Was den Film ausmacht

Die von den Machern des Films transportierte Message ist nicht neu. Nur wer anderen Menschen gegenüber mit Toleranz bzw. Akzeptanz auftritt, ist nicht länger allein. Momente gemeinsam zu teilen macht das Leben oft angenehmer und reicher. Die ausdrucksstarken Filmaufnahmen sprechen schon für sich, das Setting im Freibad und insbesondere die exzellente Kameraführung bedeuten für die Zuschauer Hochgenuss und das macht schlicht gute Laune. Die Komödie trägt dazu bei, den Sommer zu genießen, dabei spannende wie auch witzige Momente im Kino zu erleben und so hat der Film durchaus Tiefgang. Er regt zum Nachdenken an und ist ein Appell an die Zuschauer, mehr Solidarität, Empathie und Toleranz im Alltag zu leben. Dabei kommt es auf die Kommunikation und gemeinsames Handeln an.

Doris Dörrie hält uns allen den Spiegel vor und so finden wir uns in ihrem Film auch tatsächlich wieder. Jetzt gilt es die Perspektive zu wechseln, uns an der eigenen Nase zu fassen und vor der eigenen Haustür zu kehren, bevor wir mit dem Finger auf andere zeigen. Und die Moral von der Geschicht: seid stark, empathisch und hilfsbereit, das macht auch zufriedener. Der Spaß ist in diesem Fall garantiert, unbedingt anschauen, es lohnt sich allemal.


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